LOKALES04.05.2017

Hagen Schönherr und Ralf Schäfer

Warum Kluftern keine neue Straße bekommt

 

Regionalforum empfiehlt, sich auf eine Lösung auf der B 31 in Hagnau zu konzentrieren

 

 

Friedrichshafen sz Kluftern soll keine neue Umfahrung erhalten. Damit wird auch die bahnparallele Trasse nicht gebaut werden, die lange in der Diskussion war und zur Gründung der Bürgerinitiative Pro Kluftern geführt hat. Zu diesem Ergebnis ist das Regionalforum im Mediationsprozess gekommen.

Das Mediationsverfahren war entstanden, um Alternativen zur bahnparallelen Trasse zu finden und alle Varianten zu überprüfen. Das Ergebnis sollte offen sein, wichtig war nur, dass alle Beteiligten einem Ergebnis zustimmen.

Die „Verkehrsmediation Kluftern“ empfiehlt nun Kreistag und Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen, keine neue Straße für eine Umfahrung des Friedrichshafener Ortsteils Kluftern zwischen der geplanten Südumfahrung Markdorfs und der gerade im Bau befindlichen B31-neu zu planen.

Das Regionalforum nennt auch Gründe für die jetzige Entscheidung: Anstelle eines Neubaus einer Umgehungsstraße solle man das Augenmerk vor allem auf einen raschen und leistungsfähigen Ausbau der Bundesstraße 31 zwischen Immenstaad und Meersburg und damit der Variante 7.5 in Hagnau richten.

Diese Variante 7.5 beschreibt eine Trasse, die den Verkehr nördlich Hagnaus am Ort vorbeiführt und ausreichend ausgebaut ist. Wenn es diese Strecke gebe und die B31 als leistungsfähige West-Ost-Verbindung funktioniere, sei eine Verbindung zwischen Markdorf und der Auffahrt zur B 31 südlich Klufterns nicht mehr nötig, weil dort dann nicht so viel Verkehr fließe.

Entscheidung begrüßt

Hagnaus Bürgermeister  Volker Frede begrüßt die Entscheidung des Regionalforums, sich auf die Variante 7.5 zu konzentrieren. Vor 40 Jahren habe man mit der Ablehnung der Autobahn das Thema Verkehr in der region bereits verschlafen, vor zehn Jahren habe man die Variante 7.5 nicht bis zum Ende geführt, sondern liegen gelassen.

Jetzt sei es wichtig, dass die Region mit einer Stimme spreche und der Verkehr auf dieser Trasse tatsächlich gebündelt werden könnte. Frede rechnet damit, dass sich binnen der nächsten zehn Jahre die Verkehrssituation in Hagnau maßgeblich gewandelt habe.

Ergebnis wird anerkannt

Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand kommentiert die Entscheidung so: „Wir haben von Anfang an ein ergebnisoffenes Verfahren gefordert und die Verkehrsmediation Kluftern von unserer Seite aus unterstützt und begrüßt. Natürlich anerkennen wir nun auch das Ergebnis.“

Das Mediationsverfahren habe wie auch andere Workshop-Verfahren gezeigt, dass Ergebnisse, die breiten Konsens, Akzeptanz und Verständnis finden, gerade in solchen Verfahren erreicht würden. Da habe „das Regionalforum mustergültige Arbeit geleistet und kann als Vorbild für andere Vorhaben dienen, etwa die Diskussion um eine Ortsumfahrung Schnetzenhausen oder auch um Bebauungspläne.

Konzentration auf Hagnau

Klufterns Ortsvorsteher Michael Nachbaur hält das Mediationsverfahren für transparent und stets ergebnisoffen. Er spricht von einem „breiten Konsens“, in dem das Ergebnis erzielt worden sei. „Für mich ist ganz wichtig, dass auf einen raschen und leistungsfähigen Ausbau der Bundesstraße 31 zwischen Immenstaad und Meersburg gedrängt wird und die begleitenden Maßnahmen beim Umweltverbund in den Ortsdurchfahrten angegangen werden.“

Konsens mit Einschränkung

„Mediationsverfahren endet im Konsens“ betitelt der Bodenseekreis eine Pressemitteilung zum Ausgang des Verfahrens. Doch was sich unspektakulär anhört, hat es offenbar in sich – und dürfte nach SZ-Informationen hinter den Kulissen weniger einvernehmlich verabschiedet worden sein, als jetzt der Anschein erweckt wird.

In den jeweiligen Erklärungen der einzelnen Beteiligten dieses Verfahrens, die dem Schlussdokument, dem Ergebnis, beigefügt wurden, soll mitunter ein anderer Tonfall angeschlagen worden sein. Bislang äußert sich zu diesem Thema jedoch niemand offiziell.

 

 

 

 

Die Zeit wird zeigen, ob die Entscheidung richtig ist

 

Von Ralf Schäfer

Kommentar sz Auf den ersten Blick hat dieses Ergebnis Schockpotenzial. Jetzt setzen sich alle irgendwie Beteiligten jahrelang zusammen und heraus kommt, dass nichts gebaut wird. Das scheint zunächst so – bleiben wir sachlich – unsinnig, wie es seinerzeit falsch war, die Bodensee-Autobahn nicht zu bauen. Bei diesem Mediationsverfahren hatte man aber nicht nur die Ortsdurchfahrt Klufterns im Kopf, sondern die Region. Und die kommt an einer funktionsfähigen Lösung für die Bundesstraße in Hagnau nicht vorbei. Sollte die Rechnung des Regionalforums aufgehen und die Region mit einer Stimme für die Variante 7.5 oder daran angelegte Trassen stimmen und eine Lösung in Hagnau auf schnellstem Wege herbeiführen, dann hat dieses Mediationsverfahren nicht nur gezeigt, dass mit dieser Art der Beteiligung Ergebnisse gefunden werden können, die später vor keinem Verwaltungsgericht mehr landen. Es hat dann auch gezeigt, dass die Region mithilfe fachkundiger Arbeit ein gutes Stück weitergekommen ist. Ob das aber tatsächlich so werden wird, zeigt die Zeit. Bis dahin ist hier bekanntlich alles möglich.