Ministerium relativiert „Nein“ zur Finanzierung der Südumfahrung

 

Von Jens Lindenmüller

Markdorf In einer Pressemitteilung hat der Landtagsabgeordnete Martin Hahn (Grüne) am Mittwoch nochmal nachgelegt und den Bau der Südumfahrung Markdorf als „illusorisch“ bezeichnet.

Die Straße sei nicht finanzierbar, da es für diese Strecke keine Landesmittel geben werde und sie der Bodenseekreis selbst nicht finanzieren könne. Von Hahns Einschränkung gegenüber schwäbische.de, das Land könne „auf Sicht“ keine Landesmittel für die Südumfahrung zur Verfügung stellen, weil nicht genügend vorhanden seien (die SZ hat darüber berichtet), war in der Mitteilung keine Rede mehr. Die Relativierung übernahm nun auf Anfrage stattdessen Edgar Neumann, der Sprecher des Verkehrsministeriums. „Eine solche Globalaussage kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht treffen“, sagt Neumann zum angeblichen „Nein“ der Landesregierung zur Co-Finanzierung der Südumfahrung.

Fakt sei, dass die Quote zur Verteilung der GVFG-Fördermittel umgedreht werden soll. Statt 60 Prozent in den kommunalen Straßenbau und 40 Prozent in den Radwegebau zu investieren, will die Landesregierung 60 Prozent für Radwege und 40 Prozent für Straßen ausgeben. „Für die Jahre 2012 und 2013 wird es deshalb einen Bewilligungsstopp für neue Straßenbaumaßnehmen geben“, erklärt Neumann. Danach müsse man schauen, wie viel Geld für welche Straßen vorhanden sei. Was die Südumfahrung Markdorf betrifft, müsse man ohnehin erst mal die Baureife abwarten. Vorher sei die Bewilligung von Mitteln gar nicht möglich. „Die Haushaltslage ist angespannt. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass es darauf hinauslaufen wird, dass für die Südumfahrung Markdorf keine Mittel vorhanden sind. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich das aber seriös nicht beurteilen“, sagt der Pressesprecher.

Ähnliches gelte für die Umfahrungen von Bermatingen und Neufrach. „Für beide Straßen gibt es eine Zusage der alten Landesregierung für das Impulsprogramm“, erklärt Edgar Neumann. Dieses Programm habe man von der alten Regierung zwar mit einer Unterfinanzierung übernommen. Dass in den nächsten zehn Jahren keine Mittel für die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach zur Verfügung stehen werden, könne man jetzt aber noch nicht abschätzen. Auch für diese Straßen gelte, dass zunächst die Baureife abgewartet werden müsse.

Unabhängig von den Erläuterungen des Verkehrsministeriums riefen die Aussagen von Martin Hahn gestern teils heftige Reaktionen hervor. Als „Hammer“ bezeichnete Landrat Lothar Wölfle das angebliche „Nein“ zur Co-Finanzierung. „Da stelle ich mir schon die Frage, wie ernst man es mit der Basisdemokratie nimmt, wenn das Ergebnis eines Bürgerentscheids völlig wurscht ist“, so der Landrat. Ob es möglich wäre, die Südumfahrung auch ohne Landesmittel zu finanzieren, wagt er zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen. „Dazu müssten wir uns im Kreistag intensiv Gedanken machen“, so Wölfle.

Skeptisch ist in dieser Hinsicht Bürgermeister Bernd Gerber: „Ohne Landesmittel wird das kaum zu stemmen sein.“ Falls der Zuschuss von 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten einfach so gestrichen werde, sei das „ein Unding“. „Einen Bürgerentscheid einfach so abzubügeln – mein lieber Schwan“, so Gerber. Richtig sauer war der Bürgermeister zudem, weil er die Neuigkeiten aus Stuttgart nicht direkt, sondern durch die Presse erfahren hat: „Das ist ein ganz neuer Politikstil, der nichts Gutes erahnen lässt.“

Als „stillos“ bezeichnet dieses Vorgehen CDU-Landtagsabgeordneter Ulrich Müller. Ein „Nein“ zur Südumfahrung Markdorf wäre aus seiner Sicht gar „menschenverachtend“. „Wer sich gegen diese Ortsumfahrung ausspricht, versündigt sich an den Menschen, die hier leben“, sagt Müller und bezieht das auch auf die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach. Eine Zusage der Landesmittel für die Südumfahrung Markdorf habe es entgegen der Darstellung von Martin Hahn sehr wohl gegeben. Er selbst habe die Straße im Jahr 2004 in des GVFG-Programm nachrichtlich aufgenommen.

Das Argument, dass zu wenig Geld vorhanden sei, lässt Ulrich Müller nicht gelten. „Es ist die eigene politische Entscheidung der Landesregierung, wie viel Geld sie für den Straßenbau zur Verfügung stellen möchte“, so der Christdemokrat. Die Entscheidung gegen den Straßenbau sei „hochgradig ideologisch“. Er hoffe, dass es in der Bevölkerung einen Sturm des Protests gegen diese „Wahnsinnspolitik“ geben werde.

Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Norbert Zeller, hält die Umfahrungen Markdorf und Bermatingen für „unumgänglich“. Auch in Kluftern müsse klar sein: Wer zu dem Mediationsverfahren Ja sage, müsse auch das Ergebnis mittragen. Er stellt diese Vorhaben aber in einen Zusammenhang mit der B 31-Umfahrung Friedrichshafen. Je länger diese hinausgezögert werde, desto schwieriger werde es in Markdorf, Kluftern und Bermatingen.

(Erschienen: 18.01.2012 23:00)