Südumfahrung: Ex-Bürgermeister Gerber steht Landrat Wölfle zur Seite

Markdorfs früherer Rathauschef meldet sich nun auch zu Wort und reagiert teils deutlich auf die Vorwürfe der vergangenen Wochen hinsichtlich der Vertragsunterzeichnung zwischen ihm und Wölfle im Sommer 2013. Mit \"Erstaunen und Unverständnis\" habe er die Stellungnahme von Bürgermeister Georg Riedmann vor dem Gemeinderat vor einer Woche zur Kenntnis genommen.

So langsam kommt Licht ins Dunkel der bislang verschwiegenen Hintergründe um die Vertragsunterzeichnung zur Ko-Finanzierung der geplanten Südumfahrung Markdorf im Sommer 2013. Nachdem Bürgermeister Georg Riedmann vergangenen Dienstag vor dem Gemeinderat seine Stellungnahme abgegeben hatte und am Samstag Landrat Lothar Wölfle seine Sicht des Vorgehens darlegte, meldet sich nun auch Ex-Bürgermeister Bernd Gerber zu Wort (siehe Artikel unten). Gerber spricht in seiner Stellungnahme von einem "absolut großzügigen Entgegenkommen des Kreises, diese Straße zu bauen". Über 20 Jahre habe er für das Projekt gekämpft und den "einzigen Bürgerentscheid in der Geschichte unserer Stadt klar gewonnen". Mit "Erstaunen und Unverständnis" habe er die Aussagen von Riedmann und Teilen des Gemeinderates vernommen.

Riedmann hatte kritisiert, durch den Vertragsschluss sei die "komplette Entscheidungshoheit" für die Südumfahrung von der Stadt auf den Landkreis überführt worden. Auch der Zeitpunkt der Unterzeichnung durch Wölfle und Gerber einen Monat vor seinem eigenen Amtsantritt erschließe sich ihm nicht, sagte Riedmann vor einer Woche im Rat. Dass Gerber nun so heftig reagiert, mag an Riedmanns Kritik an seinem Vorgehen liegen: "Bedauerlich ist, dass mein Vorgänger, Bürgermeister Gerber, den Gemeinderat anlässlich seiner letzten Sitzung im Juli 2013 über diese Unterschrift nicht mindestens in Kenntnis gesetzt hat." Landrat Wölfle hatte am Samstag, in gleicher Argumentation wie Gerber, die Unterzeichnung als reinen und logischen Vollzug geltender Beschlüsse bezeichnet. Eine Kostendeckelung, so Wölfle, sei außer Frage gestanden: Würde es zu Steigerungen über die Deckelung hinaus kommen, würden sie dann auf den Kreis als Bauherren abgewälzt werden.

Als Bauherr der K 7743 neu, der Südumfahrung, habe außerdem der Kreis das alleinige Entscheidungsrecht. Im Kreistag sei es zudem nicht üblich, über den Vollzug von Verträgen zu berichten, so Wölfle am Samstag.

 

 

Das sind die Zahlen

 

·         Kosten: Aktuelle Zahlen des Landkreises: Kostensteigerung (inklusive Planung) von 18,1 Mio. Euro (11/2011) auf 24,6 Mio. Euro (10/2016), macht plus 6,5 Mio. Darunter: 1,1 Mio. Euro Baukostenerhöhung; 1,7 Mio. höhere Kosten für Baugrund-Arbeiten; 1,1 Mio. für zusätzliche Maßnahmen nach Planfeststellung (z.B. Grundwasserschutz, Wirtschaftswege); 210 000 Euro Mehrbedarf Grunderwerb.

 

·         Der Fördersatz: Ein erheblicher Anteil der Mehrkosten ist laut Kreis auch auf die Änderung der Landesförderung (Dezember 2013) zurückzuführen. Bei den förderfähigen Kosten habe sich der angenommene Fördersatz von 68 auf 50 Prozent reduziert. Im November 2011 ging man von 13,4 Mio. Euro förderfähigen Kosten und einer Förderung von 9,1 Mio. bei Gesamtbaukosten (ohne Planung) von 16,4 Mio. aus, im Oktober 2016 von 17,6 Mio. förderfähigen Kosten und einer Förderung von 8,8 Mio. bei Gesamtbaukosten von 22,1 Mio. Euro aus. Auch dies hat deutliche Auswirkungen auf die Steigerung des Eigenanteils von Kreis und Stadt von 3,5 Mio. (11/2011) auf aktuell 6,5 Mio. Euro.

 

·         Beschlüsse: Am 3. April 2001 beschloss der Kreistag die Kostenteilung zwischen Stadt und Landkreis. Am 6. April 2003 fand der Bürgerentscheid statt. Ergebnis bei 60,6 % Wahlbeteiligung: 55 % Ja, 45 % Nein zur Südumfahrung. (gup)

 

 

 

Ex-Bürgermeister Gerber: "Erstaunen und Unverständnis" über Riedmann

 

 

Nach Bürgermeister Georg Riedmann und Landrat Lothar Wölfle nimmt nun auch Ex-Bürgermeister Bernd Gerber Stellung zu den Vorgängen um die Vertragsunterzeichnung von 2013 zur Südumfahrung.

 

Gerbers Stellungnahme im Wortlaut:

 

"Mit Erstaunen und Unverständnis habe ich die Stellungnahme meines Nachfolgers Georg Riedmann und die sich daran anschließenden Stellungnahmen von Teilen des Gemeinderates zur Kenntnis genommen. Eines zeigt diese Diskussion überdeutlich, ohne Detailkenntnisse über die Fakten, sollte man sich mit Wertungen und Vorwürfen zurückhalten. Die Diskussion wird unter völlig falschen Vorzeichen geführt und die Zusammenhänge dabei auf den Kopf gestellt. Eines noch vorweg; ich bin ein klarer Befürworter der Südumfahrung, da sie unsere Bürger und Bürgerinnen bestmöglich vom Durchgangs-und Schwerlastverkehr entlastet und für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung absolut erforderlich ist. Über 20 Jahre habe ich mit vielen Mitstreitern für dieses Zukunftsprojekt gekämpft und den einzigen Bürgerentscheid in der Geschichte unserer Stadt klar gewonnen. Alle zahllosen Einsprüche und Klagen der Umfahrungsgegner wurden abgewiesen!!

 

Die Fakten:

 

1. Landrat Lothar Wölfle hat zur rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes eindeutig Stellung bezogen. Dieser schließe ich mich voll an. Es wurden keine Geheimverträge geschlossen,sondern durch Bürgerentscheid und Gemeinderatsbeschlüsse festgelegte Kostenverteilungen schriftlich fixiert.Dies hätte zweifellos früher geschehen können, wurde aber erst in den letzten Tagen meiner Amtszeit durch die Kreisverwaltung festgestellt und dann völlig korrekt abgearbeitet.

 

2. Die Ortsumfahrung Markdorf war zunächst als Bundesstraße im Zuge der B33 geplant. Ende der 90er Jahre wurde diese Planung zugunsten der „Bündelungstrasse“ (Planungsfall 7) aufgegeben. Klar war von Anfang an, dass diese Trasse nicht die für Markdorf notwendige Entlastung bringen kann. Nach intensiven Verhandlungen und vielen Hintergrundgesprächen ist es gelungen, den Kreis vom Bau dieser Umfahrung zu überzeugen. Die Stadt kann heute noch der Kreisverwaltung und den Fraktionen der CDU, FW und der SPD im Kreis dankbar sein, dass die Südumfahrung in das Kreisstraßenbauprogramm aufgenommen und finanziert wurde.

 

Mit der Aufnahme der Südumfahrung sprach man von einem Paradigmenwechsel im Kreisstraßenbau. Weg vom Bau vieler kleiner Straßen, hin zu leistungsfähigen Trassen. Voraussetzung und Bedingung war von Anfang an die Mitfinanzierung des Landes und völlig zu Recht der Stadt Markdorf, da wir ja diese Straße wollten und natürlich mit Abstand am meisten davon profitieren. Es war ein absolut großzügiges Entgegenkommen des Kreises, diese Straße zu bauen und wenn überhaupt jemand Kostenobergrenzen oder Kündigungsrechte hätte einfordern können, wäre dies dem Kreis, aber niemals der Stadt Markdorf zugestanden, die ja fast den ganzen Vorteil an dieser Straße hat. Zum Schluss würde ich mich freuen, wenn jetzt wieder alle Befürworter an einem Strang ziehen und der Bau der Südumfahrung im Jahr 2019 beginnen kann. Die Markdorfer haben es verdient!"