Ortsumfahrung Kluftern: Sechs von 22 Varianten bleiben übrig

Das Mediationsverfahren zur Ortsumfahrung Kluftern: Das Regionalforum der Mediation präsentiert sein Zwischenergebnis nach zwei Jahren Arbeit. Rund 300 Interessierte kamen zur Info-Veranstaltung von Stadt Friedrichshafen und dem Landkreis Bodenseekreis in die Brunnisachhalle nach Kluftern. Das Ergebnis des Mediationsverfahrens mit einem Lösungsvorschlag an den Landkreis soll im Frühjahr 2017 vorliegen.

Friedrichshafen-Kluftern/Markdorf – Das Regionalforum der Verkehrsmediation Kluftern hat am Donnerstagabend das Zwischenergebnis der Mediation vorgestellt, zwei Jahre nach Beginn des Verfahrens. Danach sind von 22 erarbeiteten Varianten für eine Ortsumfahrung Kluftern sechs übrig geblieben, die in die engere Auswahl kommen und nun intensiv gegeneinander abgewogen werden sollen. Das Ergebnis und damit ein Lösungsvorschlag soll dem Landkreis im Frühjahr 2017 unterbreitet werden, sagte Anton Hütter, der Leiter der Mediation, vor rund 300 Zuhörern in der Brunnisachhalle in Kluftern. Mit der Varianten-Empfehlung der Mediation soll eine Alternative zu der vor zwölf Jahren bereits beschlossenen so genannten bahnparallelen Trasse aufgezeigt werden. Die bahnparallele Trasse war seinerzeit auf vehemente Kritik von Pro Kluftern und aus der Klufterner Bürgerschaft gestoßen.

Verfahren mit Modellcharakter

360 000 Euro kostet das Verfahren, das vom Landkreis und der Stadt Friedrichshafen finanziert wird. Und es hat Modellcharakter, wie Landrat Lothar Wölfle und Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand in Kluftern betonten. Denn eine solche Mediation unter Einbeziehung von Initiativen und Bürgern kann als landesweites Pilotprojekt für die Trassenplanung einer Kreisstraße gesehen werden. Die sechs Vorzugsvarianten (siehe Erklär-Artikel unten) hatten die Teilnehmer der Mediation einstimmig beschlossen. Ebenso einstimmig will die Runde auch das Ergebnis beschließen.

Weitere Planung "ergebnisoffen"

Nach der Trassen-Erarbeitung soll nun in die nächste Phase, die Trassenfindung, eingestiegen werden. Bis zum Schluss, das wurde am Donnerstagabend mehrfach betont, soll die Planung "ergebnisoffen" fortgeführt werden – für eine Trassenlösung zwischen der geplanten B-31-neu bei Spaltenstein und einer möglichen Südumfahrung Markdorf. Drei weitere Ziele der Mediation benannte Beate Voskamp vom Mediationsteam: Die Lebensqualität in Kluftern durch die Entlastung der Ortsdurchfahrt verbessern, eine Lösung zu finden im Ausgleich der Interessen aller Betroffenen und ein legitimiertes Ergebnis zu erzielen – "als Basis für ein vertrauensvolles Miteinander, auch wenn es einmal schwierig wird".

Mit der Zwischenbilanz, so Tobias Gähr, Leiter des Kreisstraßenbauamtes, sei nun "eine solide Basis" geschaffen worden. Die hatten vor allem die Experten der externen Büros in ihrer Verkehrsanalyse und der Raum- und Umweltanalyse vorbereitet. 33 verschiedene Karten seien zunächst erstellt worden, erläuterte Umwelt-Gutachter Burchard Stocks. Die darin dokumentierten Hochwasser-Risikogebiete südlich Markdorfs seien dann ebenso in die Planung eingeflossen wie etwa das besonders schützenswerte benachbarte Hepbacher-Leimbacher Ried. Gänzlich konfliktfrei, so Stocks, werde letzten Endes keine der in Frage kommenden Varianten sein.

Die Verkehrsprognosen

Claus Kiener vom Ulmer Büro Modus Consult präsentierte die Ergebnisse der Verkehrsanalyse und einer Verkehrsbefragung vom Mai dieses Jahres. So passierten innerorts im Schnitt zum Beispiel rund 10 000 Kfz täglich die Markdorfer Straße zwischen Efrizweiler und Kluftern, rund 11 300 die L 207 zwischen Kluftern und Markdorf. Am Kreisel in Kluftern seien es rund 10 700 Kfz. Diese Zahl, so Kiener, sei der so genannte "Analyse-Nullfall 2015", also die derzeitige Ausgangssituation. Auf 2030 prognostiziert, stellte er zwei Szenarien vor: Den Prognose-Nullfall 1 (keine weiteren Straßen gegenüber heute) und den Prognose-Bezugsfall 1 (das heutige Straßennetz plus Südumfahrung Markdorf plus B-31-neu von Spaltenstein her). Bei ersterem ergebe die Prognose rund 12 400 Kfz täglich am Klufterner Kreisel, bei letzterem rund 14 800 Kfz.

Daran angelegt wurden die Prognosen für Kluftern für jede der sechs Varianten erarbeitet. Das Ergebnis: Je weiter eine künftige Umfahrung vom Ortskern Kluftern entfernt ist, umso geringer wird die Entlastung für den Ort ausfallen. Als Beispiel führte Kiener an: Bei den ortskernnahen Varianten A1 und A2 würde die Ortsdurchfahrt um prognostiziert 6400 Kfz täglich entlastet, bei der Variante B noch um 5200, bei C um 4700 und bei D1 um 2400. In Sachen Verkehrslärmbelastung führte Kiener aus, dass nur wenige Gebäude in Kluftern an der Grenze zur Gesundheitsbelastung oder darüber liegen, rund 15 Prozent aber immer noch über den Lärmvorsorgewerten für Mischgebiete.

Das Mediationsverfahren: Fakten, Hintergründe und die sechs Varianten

 

1.    Die Vorgeschichte: Landrat Lothar Wölfle und Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand haben sich nach eigener Aussage an dem Mediationsverfahren „ganz bewusst“ nicht beteiligt. Kreistag und Gemeinderat hatten 2014 bestehende Beschlüsse zum Bau der bahnparallelen Trasse für die Ortsumfahrung Klufterns zwischen Markdorf und B-31-neu zurückgestellt und sich für das Mediationsverfahren entschieden, „um den jahrelangen Konflikt zu entschärfen“, so Wölfle am Donnerstagabend. Vor allem die Bürgerinitiative „Pro Kluftern“ lief jahrelang Sturm gegen die von der Verwaltung favorisierte Trassenplanung.

 

2.    Die Mediation: Das Verfahren sei in Baden-Württemberg zumindest für eine Kreisstraßenplanung bislang einmalig, sagte Wölfle. In den vergangenen zwei Jahren fanden nach dem ganztägigen Start-Workshop zwölf Sitzungen des Regionalforums statt sowie 24 Sitzungen des Planungsteams. In dieser Zeit wurden die Planungsgrundlagen für die verschiedenen Trassenvorschläge quasi neu erarbeitet beziehungsweise aktualisiert. An dem Mediationsverfahren sind Vertreter der Kommunen, des Landkreises, der politischen Gremien, von Naturschutzverbänden, Planungsbüros und Bürgerinitiativen beteiligt.

 

 

3.    Wie es weitergeht: Im Frühjahr 2017 soll der Schlussbericht stehen – möglichst mit einer einvernehmlichen Empfehlung aller Beteiligten für eine Trassenlösung. Wenn es die gäbe, so Lothar Wölfle, würde sich die Politik dieser Lösung sicher nicht verschließen. Die Entscheidung darüber ist aber letztlich dem Kreistag vorbehalten. „Die absolute Nummer 1, die alle glücklich macht, wird es nicht geben“, schränkte Tobias Gähr, Leiter des Straßenbauamts und Mitglied im Regionalforum, zu große Erwartungen ein.

 

4.    Das sagt Pro Kluftern: Trotzdem habe sich enorm viel bewegt, erklärte Walter Zacke von Pro Kluftern, der im Regionalforum der Mediation beteiligt ist, am Donnerstag gegenüber der Presse. Die Mediation habe Bewegung in die Sache gebracht und „Vertrauen unter allen Teilnehmern und so optimalste Bedingungen geschaffen, um einen Konsens finden zu können“. Alle bisherigen Beschlüsse habe man gemeinsam verabschiedet.

 

 

5.    Das sind die sechs Varianten: In die Auswahl für einen Lösungsvorschlag kommen sechs Varianten. Die Trasse A1 verläuft bahnparallel knapp östlich an Kluftern vorbei. Die Trasse A2 verläuft vom Wagner-Knoten etwas weiter östlich und trifft an der Bahnunterführung wieder auf die bahnparallele Trasse. Die Trasse B würde von der "Müllstraße" K 7742 nach Westen abschwenken und östlich von Efrizweiler verlaufen und an einem Knoten südlich von Efrizweiler mit der B-31-neu verbunden werden. Die Trasse C würde wie B verlaufen, allerdings auf Höhe östlich von Efrizweiler in einem Schwenk weiter nach Osten geführt werden, direkt westlich der Deponie fortgeführt werden und in den bereits geplanten B-31-neu-Knoten münden. Die Trasse D1 wäre die jetzige, dann aber ausgebaute "Müllstraße" K 7742, die Trasse D2 ebenso, aber mit einem neuen Kurventeilstück im Osten an der engen Kurve vor Raderach. Diese Varianten werden nun weiter geprüft.

 

Katy Cuko und Helmar Grupp