Die Südumfahrung Markdorf soll wieder vor Gericht

Kläger-Anwalt Tobias Lieber hat Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Die Bürgerinitiative Pro Kluftern will den vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen unterlegenen Landwirt weiter unterstützen – ideell wie finanziell.

Der Klufterner Landwirt, der mit seiner Klage gegen die Planfeststellung der Südumfahrung Markdorf Ende Januar vor dem Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen gescheitert war, wird das Urteil nicht hinnehmen. Am gestrigen Dienstag hat sein Anwalt Tobias Lieber beim VG einen Antrag auf Zulassung der Berufung eingereicht. Dies bestätigte Lieber auf Nachfrage des SÜDKURIER. Er gehe „ziemlich sicher“ davon aus, dass die Berufung zugelassen werde, so der Freiburger Rechtsanwalt.
 

Über die Gründe, die die Klägerseite dazu bewogen hat, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, informierten gestern auf Anfrage dieser Zeitung Walter Zacke, Adalbert Kühnle und Artur Rudolf vom Vorstand der Bürgerinitiative Pro Kluftern sowie der Klufterner SPD-Ortschaftsrat Bernd Caesar. Zacke, Kühnle und Rudolf stehen zugleich auch der von Pro Kluftern initiierten Klägerunterstützungsgemeinschaft vor, die den Rechtsweg des Landwirts finanziell unterstützt, begleitend zur ideellen und fachlichen Hilfe durch die Bürgerinitiative.

Zunächst einmal, so Zacke, sei man sehr enttäuscht über die Abweisung der Klage gewesen. Unstrittig sei, dass die Entlastung von Markdorf durch eine Südumfahrung auf Kosten von Kluftern gehe. Insofern fühle man sich auch im „Gerechtigkeitsempfinden verletzt“, wie es Zacke formulierte. Abgesehen davon sei man auch der Meinung, dass nicht alle Klagepunkte abzuweisen gewesen wären, so Kühnle. Dass die einzelnen Punkte (Straßenklassifizierung, Gewässerschutz, Wegenetz, Bachmuschel) juristisch schwierig zu beurteilen gewesen seien, sehe man am 70-seitigen Umfang der Urteilsbegründung, argumentiert Zacke: „Offenbar war die Sache eben doch nicht so eindeutig.“

In der Initiative stört man sich, abgesehen davon, auch an Grundsätzlichem. So sei der Klufterner Ortschaftsrat erst zu einem sehr späten Planungsstand überhaupt gehört worden, kritisiert Caesar. „Ernst genommen hat man unsere Klufterner Probleme mit der Südumfahrung nie“, sagt er. Daran habe sich bis heute nichts geändert.

Ihm und den Vorstandsmitgliedern von Pro Kluftern, geht es auch um die Signalwirkung einer Südumfahrung und um die Auswirkung auf die Landsc haft durch diesen Neubau und andere Straßenneubauten. Eine Südumfahrung werde den Verkehrsdruck auf Kluftern erhöhen und so quasi im Nachgang auch die Ortsumfahrung Kluftern erzwingen. Zudem, so Caesar, würde eine fertig gebaute B-31-neu auch Markdorf entlasten und so eine Südumfahrung noch weniger nötig machen. „Es wäre vernünftiger, die B-31-neu fertig zu bauen und dann das Geld in eine belastbare Bahn zu stecken“, sagt der Klufterner SPD-Rat. Wenn mit der Südumfahrung und danach mit der Umfahrung Bermatingen hingegen „der Dammbruch für die Hinterlandtrassen“ (Zacke) vollzogen ist, werde der Handlungsdruck zur Fertigstellung der B-31-neu stattdessen wieder sinken.

Obwohl alle diese Punkte mit den Inhalten der abgewiesenen Klage des Landwirts zunächst nichts zu tun haben, sondern eher politischer Natur sind, sehen sich die Mitglieder der Initiative auch im Einklang mit den Zielen des Klägers. Um letzteren kümmert sich Rechtsanwalt Lieber. Bis in vier Wochen wolle er die Begründung, für den Antrag auf Zulassung der Berufung nachreichen, sagt er. Dann liegt die endgültige Entscheidung, ob das Verfahren wieder aufgenommen wird, beim Gericht.

 

Das Südumfahrung-Urteil: Wie es dazu kam, was nun folgen soll

 

Das sind die Argumente von Pro Kluftern: Die Mitglieder der Initiative, die in dieser Sache für ihre Klägerunterstützungsgemeinschaft sprechen, argumentieren vor allem politisch. Kernaussagen sind: „Wir wollen keine sechs neuen Fahrbahnen zwischen Gehrenberg und Bodensee (Südumfahrung plus Planungsfall 7.5/B-31-neu, Anm.d.Red.). Hier konkurrieren Geld und Fläche. Das ist unser Blick über den Tellerrand hinaus“ (Walter Zacke). „Unsere Landschaft ist ein hohes Gut. Die Lebensqualität ist sehr viel höher als in Ballungsräumen. Jeder Meter, der neu gebaut wird, muss dann auch unterhalten werden“ (Artur Rudolf).

 

Dagegen hat der Landwirt geklagt: Der Klufterner Bauer sieht das landwirtschaftliche Wegenetz, das er für den Weg zu seinen Grundstücken benutzt, im Falle einer Südumfahrung so sehr beschnitten, dass ihn das in seiner Existenz gefährden würde. Die Verlegung des Segelfliegergeländes würde sein Grundstück tangieren. Die als Kreisstraße K 7743 geplante Südumfahrung sei eine verkappte Bundesstraße, die überörtlichen Verkehr durch Lipbach und Kluftern leite, davon sei sein Hof betroffen.

 

So hat das Gericht entschieden: Das Gericht stellt sich in seiner Urteilsbegründung auf die Seite des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen als der planenden Behörde: Die Südumfahrung sei keine Bundesstraße, sondern zurecht als Kreisstraße klassifiziert, weil sie „vorwiegend dem überörtlichen Verkehr zwischen benachbarten Kreisen oder innerhalb des Kreises dienen“ würde. Die Eingriffe ins Wegenetz sowie in die Grundstücke seien als „geringfügig einzustufen“, die Belastungen „nicht gravierend“ und „zumutbar“.

 

So schätzt es der Anwalt ein: Tobias Lieber hält die Erfolgsaussichten, falls es zur Berufung kommt, für gut. Die geplante Kreisstraße sei keine Kreisstraße. „Die Begründung des Gerichtes überzeugt mich nicht, die Argumentation ist sehr dürftig“, sagt er. Er gehe davon aus, dass die Berufung zugelassen werde, nachdem das Gericht diese Möglichkeit in der Verhandlung bereits eingeräumt habe.