Friedrichshafen Schwarzer Dienstag für B-31-Umgehung

05.12.2012

 

Heftige Debatte um Bevorzugung der B 30-Umgehung Ravensburg vor der Bundesstraße 31 zwischen Friedrichshafen und Immenstaad. Kommunalpolitiker am Bodensee sind empört. Ravensburg freut sich.

Den gestrigen Dienstag hatten sich viele Politiker in Friedrichshafen und im Bodenseekreis anders vorgestellt, vor allem wenn sie Kämpfer für den seit vielen Jahren geforderten Bau der Umgehungsstraße im Zuge der B 31 zwischen Friedrichshafen und Immenstaad sind. Die Laune der Betroffenen wurde durch eine Mitteilung des Ravensburger CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Schockenhoff gründlich verhagelt. Dieser jubilierte, dass der Bund ab 2013 den Bau der B-30-Südumfahrung von Ravensburg finanzieren wird. Schockenhoff bezog sich bei seiner Jubel-Nachricht auf ein Spitzengespräch mit Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) vom Bundesverkehrsministerium. Dieser hatte dem CDU-Vizefraktionschef Schockenhoff versprochen, dass das Verkehrsministerium dem Finanzministerium vorschlagen wird, die B 30 Süd im kommenden Jahr zu finanzieren. Endgültig werde der Haushaltsausschuss am 12. Dezember darüber entscheiden, hieß es weiter. (Wir berichteten am Dienstag.)

Was in der Schussenmetropole zu Freudentänzen führte, schreckte die B-31-Kämpfer auf und düpierte Schockenhoffs Abgeordneten-Kollegen aus derselben Fraktion, Lothar Riebsamen. Dieser war in die Spielchen, die sich im politischen Geschäft ereigneten, offenbar nicht eingeweiht. Riebsamen zeigte sich über die Entwicklung enttäuscht. „Ich bin davon ausgegangen, dass man sich an die Priorisierung des Landes hält.“ Auf dieser immer wieder eingeforderten Rangliste stehen die B 31 und die B 30 im ersten Paket. Allerdings hat die Häfler Umgehung bei der Bewertung die Nase vorne.

 

Richtig vom Leder gezogen hat gestern Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand. Dieser hatte entgegen seines Terminplans kurzfristig Vertreter des Aktionsbündnisses „Pro B 31“ ins Rathaus eingeladen, um die Lage zu erörtern. „Ich bin heute früh schier vom Frühstücksstuhl gefallen, als ich die Nachricht in den Zeitungen las.“ Vergleichsweise ruhig ging er auf die Fakten ein. Dabei zeigte er sich zumindest verwundert, dass offenbar nicht nur die B 30 bei Ravensburg den Vorzug vor der Straße am See erhalten soll, sondern auch noch die Ortsumfahrung von Unlingen im Kreis Biberach. Diese Straße steht auf einem der deutlich hinteren Plätze der Prioritätenliste. Ab diesem Punkt steigt der Zorn in ihm hoch. „Ich versuche gerade die Welt zu verstehen“, kommentiert er dies. Erinnert wird von Brand an den kürzlichen Besuch von Staatssekretär Jan Mücke (FDP). Dieser habe unzweideutig gesagt, dass die B-31-Umgehung an erster Stelle stehe. Das Verkehrsministerium halte sich an die Priorisierung. „Wie geht man mit Zusagen der Politiker um, wenn ein Staatssekretär so etwas verkündet?“ Seine Antwort auf diese rhetorische Frage ist eindeutig: „Wir fühlen uns verraten, belogen, verkauft.“ Weiterhin sprach Brand von „Wortbruch“. Offenbar aus politischem Kalkül würden andere Straßen bevorzugt. „Und Friedrichshafen säuft im Verkehr ab.“

Sprecher aller Parteien aus dem Bündnis „Pro B 31“ verbargen ihre Enttäuschung und ihre Wut nicht. Dieter Stauber (SPD) will das Argument nicht gelten lassen, dass die B-30-Umfahrung seit vier Jahren planfestgestellt sei und deshalb ältere Anrechte auf einen Baubeginn habe. Die Prioritätenliste habe diese Rangfolge aufgehoben. Die Halbwertzeit von Politikerversprechen, siehe Jan Mücke, sei überaus gering. „Wie sollen wir das den Bürgern erklären?“

Norbert Fröhlich, Vorsitzender der Häfler CDU, findet für seine eigenen Parteifreunde noch drastischere Worte: „Das Verkehrsministerium und die CDU/CSU-Fraktion haben uns über den Tisch gezogen.“ Offenbar hätten andere Regionen mit ihren Abgeordneten bessere Beziehungen, kritisiert Fröhlich indirekt den heimischen Abgeordneten Riebsamen. Eberhard Ortlieb (Freie Wähler) sprach von einer „brutalen Sauerei“. Jetzt müssten Aktionen folgen, die auch aggressiv sein könnten. Rolf Schilpp, Sprecher von „Pro B 31“ formuliert drastisch: „Wir sind von mehreren politischen Repräsentanten angelogen worden.“ Er kündigte an, den Politikern dieser Regierung „auf den Leib zu rücken“.

Der Abgeordnete Riebsamen erinnerte an seinen Einsatz für zusätzliche Millionen für Straßenneubauten für das Land. Jetzt seien für Neubauten aber nur elf Millionen Euro übrig geblieben, zu wenig für zwei Baumaßnahmen. Er wolle in acht Tagen ebenfalls mit Staatssekretär Scheurer sprechen.

Landrat Lothar Wölfle kann die neue Situation „schwer nachvollziehen“. „Diese Gefühlsachterbahn, die den Menschen hier in wichtigen Zukunftsfragen zugemutet wird, ist mittlerweile beinahe so schlimm wie Staus und Verkehrslärm. Wichtig ist nun, dass wir uns in der Region nicht gegeneinander ausspielen lassen.“ Der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn forderte, die Prioritätenliste weiterhin als Arbeitsgrundlage anzuerkennen.